Die Entstehung der Landgemeinde Loschwitz
von Helmut Dorschner
Angeregt und unterstützt von Matthias [Matz] Griebel und Eberhard Münzner
Vom Dorf zur Landgemeinde 1315 bis 1839 -
Drei Gemeinden
1. Der Anfang
In Dresden - Loschwitz hat sich bis in die Gegenwart
die Bezeichnung „Burgberg“ erhalten, obwohl viel höher gelegene Areale
in der Nähe sind, war der hier so bezeichnete zwischen Grundstraße,
Körnerplatz und Plattleite gelegene tropfenförmige Bergsporn für eine
Burganlage besser geeignet, da er nur von einer Seite, „von hinten/oben“
leicht zugänglich, sonst aber durch Steilhänge „geschützt“ war. Es hat
sich hier mit hoher Sicherheit für militärische Strategie und
Landesverwaltung eine Burg - eine spätslawische Wallanlage - befunden,
da auch eine Furt und eine Fähre die Querung der Elbe und somit
Handelswege ermöglichten [1, 2].
Leider wurden anlässlich der Schachtungen zum Bau von „Hotel und
Restauration Burgberg“ im Jahr 1853 keine Ausgrabungen dokumentiert.
Diese wären heute aber wieder möglich, da die vorhandenen Kriegsruinen
1967 abgerissen wurden und das Areal von ca. 6000 m² brach liegt.
2. Die Ersterwähnungsurkunde
Die heutige Dresdner Gemarkung (Stadtteil) Loschwitz wird erstmalig 1315
als Dorf erwähnt.

Bild 1. Die Urkunde von 1315 Nr.1 [3]

Bild 2 „… Loscuitz …“ aus Urkunde Nr.1

Bild 3.„… Loscuitz …“ aus Urkunde Nr. 2
Am Johannistag (Geburt Johannes des Täufers, 24. Juni)
1315 wurden vom Markgrafen von Dresden (1288 – 89, 1291 – 1315 [4]),
Friedrich Klemme (1273 – 1316 [2]), im Beisein von mehreren
hochgestellten Zeugen zwei fast gleichlautende Urkunden ausgestellt, in
welchen unter anderem vom Dorf „Loscuitz“ [3, 5, 6], dem heutigen
Loschwitz [7, hier Loscuicz], jährlich Einkünfte von einem „Talent“ (= 1
Pfund = 20 Schilling = 240 Pfennig [8]) dem Klarissinnenkloster in
Seußlitz bei Meißen zugestanden wurden. Hier handelt es sich um die
heute bekannte schriftliche Ersterwähnung des Stadtteiles Dresden
– Loschwitz.
Wegen ähnlicher alter slawischer Ortsnamen wurden in älteren Quellen und
auch am Eingemeindungsstein an der Calberlastraße in Loschwitz die Jahre
1071 (Luciwice [9]) und 1227 (Luzewiz, [9]) als erste Erwähnung von
Loschwitz angegeben. Diese Angaben betreffen aber das Dorf Leutewitz bei
Dresden [7, 10].
3. Drei Gemeinden
In den drei Loschwitzer Straßennamen Rats-, Amts - und
Winzerstraße sind die früheren Gemeinde - Zuordnungen heute noch
erhalten und lebendig. Sie sind auch in der Reihenfolge ihrer Entstehung
stadtauswärts angeordnet. Eine Gemeinde hatte damals einen Ortsrichter
(Erbgerichtsbarkeit) und einen oder zwei Gerichtsschöppen (Schöffen),
aber das hatten hier nicht alle Gemeinden. Drei Gemeinden in einem
Dörflein, das ist ungewöhnlich und nicht von jedermann akzeptiert.
Umstritten ist die Bezeichnung Winzergemeinde, die sowohl von Kantor
Pohle, im Historischen Häuserbuch und in weiteren älteren Akten
gebraucht wurde. Als erstes sollen fünf bedeutende Chronisten - auch
wesentliche Zeitzeugen - genannt und ihre teils handschriftlichen
Aufzeichnungen zur Entstehung bzw. Beschreibung dieser Arbeit kurz
dargestellt werden.
4. Die Chronisten
Pfarrer Arnold 1710
Der erste Pfarrer von Loschwitz, Magister Johann Arnold (1674 – 1732),
hat aus Anlass des Kirchenbaues (1705 – 1708) auf 405 mit der Hand
beschriebenen Seiten ein wichtiges Zeitdokument über die damalige
Situation im Kirchspiel (Loschwitz und Wachwitz) geschaffen. Aus seinen
Darstellungen konnten wichtige Informationen für das Weitere entnommen
werden.
Auf Seite 71 schrieb er vor über 300 Jahren: „Ist es die Höchste
Glückseligkeit auf der Welt, fromme und Christliche Regenten haben, der
… Recht und Gerechtigkeit halten, auch solches einen jeglichem
Unterthanen ohne Ansehen der Person wiederfahren lassen, …“ [11]. Das
ist auch heute noch die Sehnsucht der meisten Menschen.
Special - Comissar Müller 1837
1837 (20. November), also fast genau ein Jahr vor Erscheinen der neuen
Landgemeindeordnung (7. November 1838), ließ die Steuerbehörde durch den
„Special = Commissar“, Carl Wilhelm Müller, ein detailliertes
Gebäudeabschätzungsverzeichnis von Loschwitz anfertigen, welches 1839
mit roten Eintragungen und geringfügigen Änderungen nochmals bestätigt
wurde. Dieses Verzeichnis enthält für das Dorf Loschwitz von I. bis IV.
geordnet und jeweils in Reihenfolge der Brandkataster – Nr. aus der Zeit
von 1784 bis 1839, folgende vier Verwaltungseinheiten: „I. Die
Amtsgemeinde“ (Nr. 1 bis 97), „II. Die Ratsgemeinde“ (Nr. 1 bis 148),
„III. Die auf Nieder – Poyritz gehörigen Häuser“ (Nr. 1 bis 6) und „IV.
Die Weinberge“ (die hier genannte „Winzergemeinde“, Nr. 1 bis 24).
Jedes der 28 Blätter - auch Rückseite genutzt - des Verzeichnisses hat
folgende neun Spalten:
„1. Brd. Cat. Nr. / 2. Flurbuch Nr. / 3. Name des Besitzers / 4.
wohnliche Räume (jeder Raum des Gebäudes, auch Stallung, Saal, Mühlraum
…) / 5. Quadrat Ellen / 6. bis 9 „Miethserträge“, - für jeden Raum 4
Spalten: „rs“ (Taler) / „gl“ (Groschen) - einzeln und Summen mit Abzügen
(hier 1Taler = 24 Groschen, ab 1840 in Sachsen = 30 Neugroschen).
Diese handschriftliche Erfassung von ca. 275 Gebäuden mit etwa 1150
Räumen, ihrer Größe und möglichen Mieterträgen diente der
Steuererhebung. Sie stellt heute ein einzigartiges Zeugnis von Größe und
Art der Gebäude und den daraus ableitbaren sozialen Verhältnissen in
Loschwitz in den Jahren 1837 und 1839 dar [12].
Kantor Pohle 1884
Der bekannteste Chronist von Loschwitz, Friedrich Wilhelm Pohle
(1830-1892) schrieb im Jahr 1884: „Bis in die neuere Zeit gruppierte
sich Loschwitz in eine Ratsgemeinde, eine Amtsgemeinde und eine
Winzergemeinde“ [14]. Da er als Kantor und 1. Lehrer an der Loschwitzer
Schule selbst noch unterschiedliche Stolgebühren für kirchliche
Handlungen (Taufen, Trauungen, Begräbnisse usw.) in diesen Gemeinden
eingenommen hat, kannte er sicher selbst auch noch Personen, die in
dieser dreiteiligen Zuordnung gelebt haben und die Gemeindenamen so noch
gebrauchten, obwohl ganz Loschwitz seit Inkrafttreten der
Landgemeindeordnung [13] des Königreiches Sachsen, am 1. Mai 1839, nur
noch eine selbständige Landgemeinde war [14, 15].
August Kotzsch
Der Fotograf Carl Friedrich August Kotzsch (1836 – 1910) wuchs als Sohn
eines ehemaligen herrschaftlichen Winzers auf, der 1832 in Loschwitz für
625 Taler einen eigenen Weinberg mit Haus erworben hatte. Er besuchte
von 1842 bis 1850 die Loschwitzer Dorfschule und musste danach im
elterlichen Weinberg mit schwerer Arbeit zum Lebensunterhalt der Familie
beitragen. Da die geringen Einkünfte auch noch durch Vermietung an
Sommergäste aufgebessert werden mussten, kam er in Kontakt mit Malern,
zu denen u. a. auch Ludwig Richter (1803 -1884) gehörte. Seinen
Neigungen gemäß interessierte er sich sehr für deren Arbeiten, so dass
er bald selbst zu zeichnen anfing. 1860 fing er bei dem benachbarten
Maler Niemann, der eine fotografische Ausrüstung besaß, unter dessen
Anleitung an auch fotographisch zu arbeiten. Nach dem Tode Niemanns
(wahrscheinlich1861) konnte August Kotzsch von dessen Witwe die
Fotoausrüstung erwerben und von da an das Gewerbe eines Fotografen
betreiben, welches er zu hoher Qualität entwickelte. Bis 1895 schuf er
eine Vielzahl von Zeitdokumenten - früheste Fotos - älterer Anwesen und
Ansichten, die heute schon lange nicht mehr existieren [16].
Emil Wehnert
Der Bankkaufmann Emil Wehnert (1924 – 1983) [17] hat sich seit 1940
nebenberuflich mit der Geschichte seiner Heimat beschäftigt. 1968 /69
hat er mit dem Historischen Häuserbuch von Loschwitz [18] eine
einzigartige Basis für eine zusammenfassende Darstellung der Entwicklung
von Loschwitz bis in die heutige Zeit hinein geschaffen, indem er die
auffindbaren historischen Daten der Besitzer (Name, Herkunft, sozialer
Stand, Wohnort…) eines Anwesens, teilweise vom 16. Jhd. an bis zur
Gründung der selbständigen Landgemeinde 1839, mit den drei Brandkataster
– Nummern (von 1784, 1839 und 1860), den Flurbuch - Nummern von 1835,
den Grund- und Hypothekenbuch – Nummern von 1843 und den dazugehörigen
heutigen Adressen mit Straßenamen von 1895 und Hausnummern von 1897
zusammenfügte.
Im Historischen Häuserbuch findet sich der Begriff „Winzergemeinde
Loschwitz“ 1827 als Wohnort des Besitzers des Grundstückes
Schillerstraße10.
5. Die Ratsgemeinde
Das Maternihospital wurde vom Vater des oben (Abschnitt
I.2.) genannten Friedrich Klemme Heinrich dem „Erlauchten“ (um 1215/16 -
1288) um 1280 … 1286 [19, 20] an der Frauenkirche in Dresden gestiftet.
In der eingangs genannten Urkunde [3] von 1315 wurde auch das
Eigentumsrecht des Seußlitzer Klarissinnenklosters am Hospital St.
Materni erwähnt, welches von Markgraf Friedrich II., dem „Ernsthaften“
(1310-1349), 1329 dem Rat der Stadt Dresden zugeordnet wurde [19, 20,
21]. Dadurch kam auch Loschwitz in dessen Verwaltungszugehörigkeit.
Außer der Zins-/Steuerpflicht der Einwohner des gesamten Dorfes hatte
das Hospital auch eigenen Besitz in Loschwitz: Weinberge und Wiesen,
eine Weinpresse mit Stube und Kammer und einem Brunnen davor und ein
Hütehaus mit Ofen [20, 21].
1400 wurde ein Vorwerk (Wirtschaftshof) Loschwitz mit zwei Hufen Land (1
Hufe: eine Vollbauernstelle, in Sachsen um 20 ha [22]) genannt, welches
später in zwei Bauernhöfe aufgeteilt wurde [20] (noch 1950/60 Bauer
Karisch und Bauer Eichler). Auch dieses Vorwerk war direkter Besitz des
Hospitals, was in einem „Zueignungsbrief“ vom 11. September 1408 „auf
Bitten des Spitalmeisters“ durch die damaligen Landesherren bestätigt
wurde. Ein Anteil des Vorwerks aber gehörte damals einer Privatperson.
Dieser Anteil wurde am 20. Mai 1435 auch an den Spitalmeister verkauft
[21].
Dieser Teil des Dorfes war die spätere Ratsgemeinde, die um 1440 aus 21
[20], 1705 aus etwa 100 [11] und am Ende ihres Bestehens 1837/39 aus 172
[12] Häusern/Grundstücken bestand.
So gehörte zur Ratsgemeinde der gesamte heutige Ortskern ohne die sechs
Grundstücke des Rittergutes Wachwitz (s. Abschnitt I. 8.) an der
Elbfähre nach Blasewitz, ferner einige Weinbergsgrundstücke am
Körnerweg, in der Grundstraße die Häuser links bis vor den Rietschelweg
(Nr. 25/27, Gebäude nicht mehr vorhanden) und rechts bis zur Nr. 46.
Außerdem gehörten in der Grundstraße die ehemaligen Mühlen Vettermühle
(etwa Nr. 60) und Hänselmühle (etwa Nr. 76/78) im Gebiet der
Amtsgemeinde gelegen, noch zur Ratsgemeinde, da sie vor Einrichtung der
kurfürstlichen Amtsgemeinde 1547 ( s. Abschnitt I. 6.) schon zum
Materniamt - zur Ratsgemeinde - gehört hatten.
6. Die Amtsgemeinde
Der eingangs genannte Pfarrer von Loschwitz, Magister
Johann Arnold (1674 – 1732), zitiert Anton Weck (1628 – 1680) zu den
Verwaltungseinheiten in Loschwitz folgendermaßen: „Denn Anno 1484. ist
Loschewitz mit in das auffgerichtete Weichbild kommen“ [19]
(Rechtshistorisch bezeichnet Weichbild den vor den eigentlichen
Stadtmauern gelegenen Bezirk, der der städtischen Gerichtsbarkeit
unterworfen war).
1485 fand die dritte sächsische Landesteilung zwischen den Brüdern
Kurfürst Ernst (1441 -1486) und Herzog Albrecht, dem „Beherzten“ (1443 –
1500), von Sachsen statt. Nach der üblichen Reisetätigkeit der
Landesherrn zwischen verschiedenen „Residenzen“, wie z. B. Meißen,
Freiberg, Altenburg, Torgau, Pretsch, Wittenberg u. a., entwickelte sich
Dresden nun zur Residenz des Herzog Albrecht – der späteren „Albertiner“
[4].
1547, der protestantische Herzog Moritz (1521 - 1553) hatte gerade unter
dem katholischen Kaiser Karl V. (1519 – 1556) die Kurwürde von seinen
Verwandten, den Ernestinern, für die Albertiner erobert, wurde das Amt
Dresden eingerichtet [10]. Außerdem wurde 1547 das kursächsische
Territorium in vier Kreise eingeteilt, nämlich in den Kurkreis, den
Leipziger oder Osterländischen Kreis, den Meißnischen Kreis und den
Thüringischen Kreis [23].
Seit dieser Zeit wird sich in Loschwitz die Amtsgemeinde entwickelt
haben, indem das dem städtischen Hospitalamt unterstehende Territorium
nicht erweitert werden durfte. Die Landesobrigkeit hatte schließlich
auch ständigen Bedarf, die Einkünfte zu erhöhen.
1700 veranlasste der König von Polen August II., zugleich Kurfürst
Friedrich August I, der „Starke“, von Sachsen (1670 -1733) eine „…
Aufstellung der Hufen, Familien und Mannschafften in den Städten,
Flecken und Dörffer jeden Orths in unsern Churfürstenthumb und
incorporierten Landen…“ Hier wurde tabellarisch für Loschwitz folgendes
erfasst:
Hufen – keine, Familien – 32, Mannschafften – 96 (… „Kinder, Knechte und
Mägde auch Hausgenossen“ …). Diese Erfassung konnte sich nur auf die dem
Amt Dresden zugeordneten Häuser (Familien) der Amtsgemeinde beziehen,
denn es war z. B. kein Landbesitz (Hufen) erwähnt [24].
1706 wurde im Rahmen der Besoldung des Schulmeisters (vierteljährlich 6
Pfennig pro Haus) außer der genannten Gemeinden noch zusätzlich von
„Häusern im Grunde und solchen die sich keiner Gemeine angeschlossen
haben“ berichtet [25], die im Laufe der Zeit sicher auch der
Amtsgemeinde zugeordnet wurden.
Pfarrer Arnold schrieb über etwa die gleiche Zeit (vor Erbauung der
Kirche - vor 1705): „Ihro Königl. Majt. in Pohlen, und Churfürstl.
Durchlauchtigkeit zu Sachsen, unsern allergnädigsten König, Churfürsten
und Herrn gehört immediate (unmittelbar) die Helffte des Dorffs
Loschwiz, die Hinter Gemeine genannt. Und da sie von dem Königl. Churfl.
Hl. Ober Ambtmann zu Dresden regiert wird, wird sie zum Unterschied der
Vörder Gemeine, oder Raths - Unterthanen, die Ambts - Gemeine geheißen,
und begreiffet ohngefähr 50. Häuser in sich, zu welcher Gemeine noch 17.
Winzereyen, welche meistentheils von Altdresden heraus an der Elbe nach
einander liegen, und in das obgedachte Dresdnische Ober - Ambt gehören “
[11] (s.I.7. Winzergemeinde), hier irrt Pfarrer Arnold sicher, denn die
17 „Winzereyen“ gehörten zwar zum Amt Dresden - im Sinne von
„amtssässig“-, aber nicht zur Amtsgemeinde Loschwitz).
Die Amtsgemeinde begann linksseitig im Grund aufwärts nach dem
Rietschelweg mit der ehemaligen Gaststätte „Zum Kameraden“, Grundstraße
Nr.29 (heute nicht mehr vorhanden) und rechts mit der heutigen Haus -
Nr. 48 am Karl - Schmidt - Weg. Sie erstreckte sich - wie auch heute
noch die Gemarkung Loschwitz - bis zur Ortsgrenze im Loschwitzgrund,
weiter entlang der heutigen Neugersdofer Straße (früher Grenzweg), zur
Bautzner Landstraße über den ehemaligen Gasthof Weißer Adler zum Rißweg
und zur Steglichstraße (früher Pferdeweg).
Auf dem Gelände (etwa Grundstraße 82) lag die einzige Brettmühle im
Grunde. Diese wurde 1839 bei der benachbarten Mahl - Mühle - beide im
Besitz des Johann Gottlieb Merbitz - in der Ratsgemeinde mit eingetragen
[12]. An der Ortsgrenze im Grund rechts, an der heutigen Tännichtstraße
(Grundstraße 98, heute nicht mehr vorhanden), lag die 1835 ohne
Bauantrag von Carl Christoph Mittag „auf roher Wurzel“ errichtete
Ölmühle „7 Ellen“ (ca. 4 m) neben seiner schon vorhandenen „Mahlmühle“
(auch als Dammmühle oder Nudelmühle bekannt, 1936 abgerissen) „an der
von Bühlau kommenden … Bach Namens Triehle“ (heute „Trille“ genannt)
[26].
Loschwitz hatte zu dieser Zeit also sechs Mühlen und oberhalb der
Ölmühle auf Bühlauer bzw. Rochwitzer Flur lagen noch drei Mühlen, die
nach Helfenberg - im Ortsteil „Adelig – Bühlau“ gelegen - gehörten, so
steht es in dem am 3. November 1835 vom Justizamt angefertigten
Protokoll des Actuars Friedrich August Witschel, das außer von Witschel,
von dem Amtsrichter Johann Gottfried Baudisch, dem Erbauer der Ölmühle,
Müllermeister Carl Christoph Mittag, sowie den Loschwitzer Müllern
Johann George Vetter und Johann Gottlieb Hentschel unterzeichnet ist.
Insgesamt gab es an der Triehle (Trille) damals also neun Mühlen [26].
An der Ortsgrenze linksseitig stand das heute noch vorhandene Gebäude
Grundstraße 137, das ehemalige Armenhaus (s. Abschnitt III.2.) von
Loschwitz.
Die Grundstücke Grundstraße 86 bis 96, wie auch der Gasthof „Zur Eule“
(Nr. 100) gehörten, wie auch heute noch, zur Gemarkung Rochwitz.
Bis 1829 war die Amtsgemeinde auf 190 Einwohner [27] und 1837 auf 103
Gebäude/Grundstücke angewachsen [12].
7. Die Winzergemeinde
Die rechtselbischen Hänge zwischen Schotengrund an der
Saloppe und dem Mordgrund am Eckberg hatten bis 1660 als Zielgebiet für
die Erprobung von Kanonen der sächsischen Armee gedient, die über die
Elbe von Blasewitz aus abgeschossen wurden. In Blasewitz war dazu extra
eine Schneise in den Wald geschlagen. Die genannten Elbhänge waren
kurfürstliches Gebiet und wurden 1660 von Kurfürst Johann Georg II.
(1613 – 1680) auf Wunsch von acht Hofbediensteten zur Anlegung von
Weinbergen freigegeben [28]. Diese Belehnung mit acht Grundstücken kann
als Ursprung des heute noch gebräuchlichen Begriffes Loschwitzer
Winzergemeinde angenommen werden (Brandkataster-Nr. 1 bis 8, Bild 4).
Eine Bestätigung dieser Annahme war 50 Jahre später (1710) die Erwähnung
der „17 Winzereyen von Dresden her“ [11]. Damit können nicht die viel
älteren Weinbergsgrundstücke der Rats- und der Amtsgemeinde gemeint
gewesen sein. Dieser Gruppe waren bis 1710 noch neun [11] und bis 1837
noch weitere sieben [12] Weinbergsgrundstücke durch das Hofamt bis zur
Brandkataster–Nr. 24 zugeordnet worden, die auch zwischen vorhanden
älteren Grundstücken lagen, wie in der räumlichen Darstellung im
Bild auf Seite 7 gezeigt wird.
Die Winzer werden im Zusammenhang mit Rats- und Amtsgemeinde immer als
eigene selbständige Gruppe bezeichnet.
Im Folgenden sollen dazu einige Zeugnisse genannt werden, die aus Akten
des Loschwitzer Kirchenarchivs entnommen wurden [25]:
Vom 10. Februar 1706 datiert ein „Friedlicher und gütlicher Vergleich
welcher Dato wie unten folget zwischen der Loschwizer Gemeine (Amts- und
Ratsgemeinde) an einem Theil und denen sämbtl. Wintzern an ander Theil …
in nachfolgenden Punctis bestehet.
1. … denen Wintzern ihren Gottesdienst sowohl in gegenwärtigen Gottes –
Hause (das Schulhaus), so als künftiger neuen Kirche (1705
Grundsteinlegung, 1708 Einweihung) … zu haben und halten. Dagegen
versprechen die sämbtl. Wintzer das Quartal dem Pastor 2 gl (Groschen) 6
₰ (Pfennig), dem Schul – Meister aber 6 ₰ zugeben
2. Sollen die Wintzer ihre Todten und verstorbenen Leichen, sie mögen
groß oder klein seyn … . Die Wintzer aber geben der Gemeine vor eine
große Leiche, und derselben Grabstelle 6 gl, vor eine kleine aber nur 3
gl …“.
Am 17. „Novembris“ 1716 wurde ein Vertrag zur Besoldung des ersten
Loschwitzer Pfarrers, Magister Johann Arnold, abgeschlossen. Dazu trafen
sich auf der “ Pfarre zu Loschwitz …an einem Theil …beyderseits
Gerichten der Loschwitzer Raths- und Ambtsgemeine, Paul Jahn und Andreas
Frost, Richter … nebst … Gerichts Schöppen …,an anderen Theile 3
Wintzer, in namen der sämbtl. Loschwitzer Wintzer, Christoph Friedrich,
Christioph Trobisch und Paul Kuntze, allerseits in Loschwitz, und haben
über nachfolgende Puncta einen unwiederruflichen Vergleich
untereinander, wie auch unter ihren beyderseits nachkommenden Nachkommen
… . Unter Punkt „IV.- verspricht die Gemeine denen Wintzern nichts mehr,
denn die einmahl bewilligte 2 gl, 6 ₰ quartal Besoldung des Geistlichen
auffzulegen … . VI … versprechen die Wintzer vor einer großen Grabstätte
… 12 gl … vor eine kleine aber 6 gl zu bezahlen, wie allbereit vor
etlichen Jahren (s. o.) schon ausgemachet worden. …“.
![Die Loschwitzer Winzergemeinde im Jahr 1837 mit Brandkataster- und Flurbuch-Nr. [12] in eine Skizze von Rolf Köhne [28] eingetragen Die Loschwitzer Winzergemeinde im Jahr 1837 mit Brandkataster- und Flurbuch-Nr. [12] in eine Skizze von Rolf Köhne [28] eingetragen](bilder/winzergemeinde.jpg)
Bild 4. Die Loschwitzer Winzergemeinde im Jahr 1837 mit Brandkataster- und
Flurbuch-Nr. [12] in eine Skizze von Rolf Köhne [28] eingetragen.
„ Dreßden den 8. December 1737 – Erscheinen in dem
Hospital – Ambte, St. Materni Hr. Mag. Ephraim Gotthelff Koechli (1702 –
1761), Pfarrer zu Loschwitz und Samuel Leschke, Einwohner in gedachten
Loschwitz und bringen beyderseits an … wegen der Besoldung des Pfarrers
zu Loschwitz zwischen der Amts- und Rathsgemeinde und denen Wintzern
allda errichteten Vergleichs besagte beyde Gemeinden und Wintzer alle
Quartale ein gewißes Geld Quantum aufzubringen hätten …“ [25].

Bild 5. Das Loschwitzer Weinbergsgelände im Jahre 2014. Links das
ehemalige Wasserwerk „Saloppe“ am Schotengrund, ganz rechts der Pavillon
im Dinglinger Weinberg am Mordgrund.
Zusammenfassend
ergibt sich, dass Ratsgemeinde und Amtsgemeinde Ortsrichter und Schöffen
hatten - also im damaligen Rechtsverständnis eine echte Gemeinde waren;
die Winzer (lokalisiert in „Weinberge“ [12]) dagegen nicht – aber sie
wurden auch immer als eigene Gruppe mit namentlich autorisierten
Vertretern (die „Winzer allda“) genannt und unterschrieben so auch
Verträge. Im Sprachgebrauch gab es deshalb eine Winzergemeinde, was auf
jeden Fall bis 1886 [14] nachgewiesen war und auch noch bis heute
Bestand hat.
8. Rittergut Wachwitz / Niederpoyritz
Die direkt an der Fähre gegenüber dem Fährgut
gelegenen, zum Rittergut Wachwitz gehörenden sechs Häuser / Grundstücke
waren auf dessen mittelalterlichen Besitz dieses Territoriums
zurückzuführen.
Das Rittergut Wachwitz war schriftsässig [24] (Ggs. amtssässig), d. h.
die Steuern der unter schriftsässigen Rittergütern stehenden
Dorfbewohner wurden ohne Vermittlung des Amtes direkt der
Kreissteuereinnahme - hier z. B. dem Meißnischen Kreis, s.o. -
zugeführt. Bei Heerzügen waren sie nicht dem Amtsaufgebot eingegliedert.
Die Zentralregierung verkehrte mit den „Schriftsassen“ ebenso direkt wie
mit den Ämtern [23].
Bereits 1411 wurde eine Familie von Ziegler (Ratsherren, Münzmeister)
als Besitzer in Loschwitz erwähnt. 1514 ist deren Belehnung auch mit dem
Nachbardorf Wachwitz und anderen Gütern durch Herzog Georg, der Bärtige
(1471 - 1539) belegt [29].
1710 schreibt Pfarrer Arnold dazu: in Loschwitz „befinden sich drey
unterschiedliche Herrschafften, Obrigkeiten und Jurisdictionen“ - König,
Stadtrat, Minkwitz -; und weiter „dem Wohlgebohrnen Herrn von Minkwitz -
Königl. Pohl. Churfürstl. Sächs. wohlbestallter Ambts - Hauptmann -
gehört für allen Dingen das oben beschriebene Wachwitz mit allen seinen
Einwohnern, wie auch etliche darumb liegende Weinberge, ingleichen 6.
Häuser in Loschwitz an der Elbe gelegen, welche seine Jurisdiction
erkennen. Woher es kommend, daß diese 6. Häuser Ihm zugehören, kan man
nicht wißen, auch auß denen aller ältesten Lehn - Brieffen keine
Nachricht erhalten“ [11].
9.Territoriale Erfassung, Zuordnung
Die Entstehung des großen Territoriums der kleinen
Landgemeinde Loschwitz mit nur zwei Hufen Landwirtschaft entspricht fast
genau auch heute noch einem der räumlich großen Stadtteile Dresdens. Die
Gemarkung Dresden – Loschwitz mit ca. 350 ha ist sicher im wesentlichen
den geomorphologischen Gegebenheiten: Lausitzer Überschiebung, Elbtal,
Hanglagen, Schluchten und Täler des Gebietes zu verdanken, die in
unmittelbarer Nähe Neugründungen von eigenständigen Ansiedlungen
verhinderten.
So mündeten sowohl die sich im Grunde (heutige Grundstraße) und vom
Grund aus hinauf bis zur damaligen Stolpischen bzw. Budissiner Straße
(heute Bautzner Straße und - Landstraße) als auch die seit 1660 „von
Dresden her“ (s. o.) entstandenen Anwesen nicht in neuen
Dorfgemeinschaften. Sie wurden zwar dem vorhandenen Dorf Loschwitz -
aber nur namentlich - angegliedert. Die Zins/Steuereinahmen aber mussten
an die Landesherrschaft, an das 1547 eingerichtete (Hof-) Amt - Dresden
fließen, ab 1784 Justiz- und Rentamt, ab 1874 Amtshauptmannschaft -
Dresden, ab 1880 Amtshauptmannschaft Dresden - Neustadt.
Die Anfänge des staatlichen Brandversicherungswesens in Sachsen gehen
auf ein Mandat zur „Errichtung einer Allgemeinen Brand - Cassa“
(Generalbrandkasse) von 1729 zurück. Die Finanzierung war damals
allerdings noch freiwillig, musste aber zusammengefasst, jährlich per
Formular (Obrigkeit, Geistlichkeit …, Untertanen … und Personen „solche
gänzlich verweygert haben …“) an die Obrigkeit gemeldet werden [30].
Die Anwesen der vier genannten Verwaltungseinheiten waren mit Zahlen
erst ab 1784 (erste Brandkataster – Nummer) durch Einführung der
(Pflicht-) Brand - Versicherungs - Societät [31] belegbar. Diese waren
als Schild oder sogar in Stein gehauen außen am Gebäude/Grundstück
angebracht und dienten, so wie heute die Hausnummern, zur Orientierung.
Später bestand sogar die Vorschrift, diese Nummer sichtbar am
Haupteingang anzubringen [32]. Bis 1943/44 wurden die etwa 1860
eingeführten letzten Brandkataster - Nummern sogar in den Adressbüchern
von Dresden mitgeführt; auch heute sind einige der ältesten und auch der
späteren Nummern noch im Ort zu finden. Auch bei der Klärung älterer
unklarer Grundstücksangelegenheiten können sie noch eine Rolle spielen.
Durch Erlass der Generalverordnung vom 7. Januar 1835 wurden Gemarkungs-
und Grundstücksgrenzen in Flurbücher eingetragen, so „daß die Grenzen
derselben gehörig berichtigt und beraint und alle Grundstücke einzeln
verzeichnet werden“. Unter Punkt 6. stand u. a. „Sämmtliche, in der
Ortsflur gelegene, einzelne Grundstücke, ohne Ausnahme … sind nach einer
fortlaufenden Nummer in Reihenfolge, wie sie nebeneinander liegen,
aufzuzeichnen“ [33].
Vor dieser Zeit wurden in Gerichtsbüchern (Kaufbücher, Steuerbücher …)
solche Grenzen mit Steinen, Bäumen, Zäunen, Rainen, Flussläufen … oder
auch mit Namensnennung der Nachbarn, wie z.B. am Körnerhaus 1785,
beschrieben. Betrügereien wurden mit drastischen Strafen geahndet
(ausführliche Beschreibung in [34]).
Für das Dorf Loschwitz wurden die Flurstücke von Dresden (- Neustadt)
her nummeriert (s. Bild S. 7). Den Anfang, die Nummer 1, bekam ein
Grundstück der Winzergemeinde, das mit Nr. 21 des Brand - Katasters
offensichtlich 1784 noch nicht in der Winzergemeinde existierte (heute
noch Flurstück Nr.1 der Gemarkung Dresden - Loschwitz, Bautzner Straße
122). Die Nr. 1 des Brandkatasters - hatte die heute noch geltende
Furbuch – Nr. 4 – an der heutigen Bautzner Straße 130 (auf dem Gelände
Schloß Albrechtsberg). Die letzte vor 1837 vergebene Brandkataster – Nr.
der Winzergemeinde, die 24; bekam ein Gebäude/Grundstück an der heutigen
Bautzner Straße 122, also wieder zurück gesprungen vor die Nr. 1 mit der
ebenfalls zurück gesprungenen Flurbuch – Nr. 167 . Im Bild S.7 ist die
Lage sämtlicher Grundstücke der Winzergemeinde einschließlich der
damaligen - meist heute noch zutreffenden - Flurbuchnummern symbolisch
dargestellt. Nur die alte Brandkataster - Nr. 20 an der heutigen
Schillerstraße 6 war dem Religionsamt Dresden-Neustadt zugeordnet [18].
Diese Zuordnung in die Winzergemeinde hat sicher ihren Ursprung darin,
dass sich hier zwischen Stadtweg (heute Schillerstraße), der Plattleite
und dem Racken (heute Leonhardistraße) wahrscheinlich der von Mörtsch
(„der größte war in Loschwitzer Flur“ [35]) erwähnte Weinberg des
Augustinerklosters aus Altendresden (heute Dresden-Neustadt) befand, für
dessen nach der Reformation 1539 in Dresden säkularisierten Besitz das
Religionsamt zuständig war.
Zwischen diesen Grundstücken befanden sich, wie schon oben erwähnt, auch
viel ältere Grundstücke der Ratsgemeinde und der Amtsgemeinde [36]. Als
Beispiele aus der Ratsgemeinde sollen am Körnerweg das Körnerhaus mit
der Brandkataster – Nr. 83 und an der Schevenstraße (im Bild S.7 damals
„Stadtweg“ wie die Schillerstraße) das bekannte Grundstück Nr. 11, Villa
Solitude [16], mit der Brandkataster – Nr. 132 sowie aus der
Amtsgemeinde die Grundstücke Brockhausstraße 1 mit der Brandkataster –
Nr. 68 und Schillerstraße 39 mit der Brandkataster – Nr. 72 genannt
werden.
Mit Hilfe dieser Nummerierungen kann ab dem Jahr ihrer Einführung die
zeitliche Reihenfolge der Entstehung einzelner Anwesen gut abgeschätzt
werden.
10. Mittelalterliche Bebauung
Die an vielen Stellen in Loschwitz heute noch
vorhandene dichte Bebauung erinnert noch an das Spätmittelalter bzw. die
Frühe Neuzeit (1500-1800).
Die damals meistens aus Holz mit Stroh gedeckten Dächern bestehenden
Behausungen waren zwar oft durch Brände vernichtet worden, aber meistens
auf den gleichen Grundmauern, oft aufgestockt, wieder aufgebaut worden.
Gut erhalten ist diese Situation heute noch z. B. in der Grundstraße
rechts Nr. 2 bis Nr. 26 und links Nr. 7 bis Nr. 23, in der Friedrich –
Wieck - Straße, rechts Nr. 6 bis 16 und links Nr.15 bis 23, wo die
Gebäudeabstände (teilweise weniger als 1 m) in keiner Weise den heutigen
Baubestimmungen entsprechen.
11. Soziale Betrachtungen
Die Größe vieler Häuser kann man sich heute kaum noch
vorstellen. Das Gebäudeabschätzungsverzeichnis von 1837 ergab folgendes
Bild: Den größten Teil von Loschwitz nahm mit 152 Gebäuden/Grundstücken
die Ratsgemeinde - auch Vordergemeinde genannt – ein. Die Amtsgemeinde
mit ihren hauptsächlich „in dem tiefen Loschwitzer Grunde“ liegenden 103
Gebäuden wurde auch Hintergemeinde genannt. Von diesen 103 Gebäuden
hatten 29 nur eine einzige Stube, 39 hatten zwei (auch das Armenhaus)
und 15 drei Räume; diese Wohnsituation deutet auf eine sehr arme
Bevölkerung hin.
In der viel größeren Ratsgemeinde gab es lediglich 18 Gebäude mit nur
einer Stube, 52 mit zwei (meistens Stube und Kammer) und 23 mit drei
Räumen.
Zum Rittergut Wachwitz gehörten drei Gebäude mit zwei und zwei mit drei
Räumen. Ein Haus mit nur einer Stube gab es hier nicht.
Selbst in den zu Loschwitz gehörenden ehemaligen Mühlen im Grund (heute
Grundstraße Nr. 26 – Hentschelmühle, Nr. 60 –Vettermühle, Nr. 76 / 78 –
Hänselmühle, Nr.98 - Dammmühle) befand sich 1837 noch der Mühlraum im
Wohnhaus. Nur die Brettschneidemühle (Grundstraße 80 / 82) neben der
Hänsel - Mehlmühle und die Öhlmüle neben der Damm – „Mahlmühle“ waren
selbständige Funktionsgebäude ohne Wohnbereich.
Die in historisch / literarischen Betrachtungen oft beschriebenen
reichen Müller können deshalb nicht auf Loschwitzer Vorbildern beruhen.
Dagegen gab es in der Winzergemeinde zu dieser Zeit fast nur große bis
sehr große Gebäude. Die in diesem Teil liegenden - heute sogenannten -
Elbschlösser gab es noch nicht. Hier wohnten damals schon viele reiche
Leute, wie z. B. der bekannte, sehr reiche, schottische Lord Findlater,
der alle Weinberge von der Saloppe bis zum Eckberg aufkaufen wollte, was
ihm aber nicht ganz gelang. Allerdings wurde als Besitzer sein Sekretär
Fischer eingetragen, da Ausländer in Sachsen keinen Grundbesitz erwerben
konnten [28].
Besonders anschaulich ist die soziale Situation, wenn man die Anzahl
aller Räume mit der Zahl der Gebäude in den drei Gemeinden vergleicht.
In den 24 Gebäuden der Winzergemeinde befanden sich 312 Räume
(durchschnittlich 13 Räume pro Haus/Grundstück), in den 103 Gebäuden der
Amtsgemeinde 248 Räume (2,4 Räume pro Haus) und in der viel älteren
Ratsgemeinde waren in 152 Gebäuden 576 Räume, das entsprach im
Durchschnitt 3,8 Räume pro Haus.
Der Wohlstand der „Häusler“(Hausbesitzer) bzw. der Haus- und
Grundbesitzer war also in der Winzergemeinde sehr hoch und in der
Ratsgemeinde höher als in der Amtsgemeinde.
Zur Entwicklung von Loschwitz hat sicher auch folgende im „Lexikon von
Sachsen“ 1819 beschriebene Situation beigetragen: „Im Jahre 1680 als in
Dresden die Pest wütete, bezog alles was Zeit und Geld hatte die
hiesigen Berg- und Dorfhäuser“ [37].
12. Selbständige Landgemeinde 1839
Ab 1839 - Inkrafttreten der neuen Landgemeindeordnung
[13] - gab es dann in Loschwitz einen Gemeinderat, dieser wählte den
hauptamtlichen, fest angestellten, Gemeindevorstand und als Vertreter
zwei Gemeindeälteste. Die Brandkataster - Nummerierung wurde bis 1860
für die neue selbständige Landgemeinde Loschwitz noch zweimal
durchgängig ausgeführt, so dass im Historischen Häuserbuch jedes Anwesen
drei verschiedene Brandkataster – Nummern, eine Flurbuch – Nr. und eine
Grundbuch – Nr. hat [18]. Bis 1945 wurden die Brandkataster – Nummern
immer wieder ergänzt und im Adressbuch mitgeführt.
Anlass für die Einführung der Grundbuch – Nummer war das „Königlich
Sächsische Gesetz, die Grund- und Hypothekenbücher und das
Hypothekenwesen betreffend, vom 6. November 1843“ [38]. In Loschwitz
beginnt die Grundbuch – Nummerierung mit 1 an der heutigen Friedrich –
Wieck – Str. 18 (ehem. Gasthof Demnitz). Als Letzte wurden die in
Richtung Elbe daneben liegenden, ehemals zum Rittergut Wachwitz
gehörenden sechs Grundstücke, mit der Grundbuch - Nr. 514 bis 519 für
die Gemarkung Loschwitz erfasst.
Die neue Brandkatasternummerierung begann mit Nr. 1 an der Elbe (heute
Friedrich-Wieck-Straße 28, neben dem Körnergarten) und endete nach dem
gesamten Ortsdurchlauf mit der Nr. 298 wieder an der Elbe, an dem
gegenüberliegenden Grundstück, dem Fährgut - heute
Friedrich-Wieck-Straße 45 (durch a-, b- und c- Ergänzungen einiger
Nummern ergaben sich insgesamt etwa 320 Gebäude/Grundstücke). Die
nochmalige Nu
merierung um 1860 folgte dem gleichen Durchlauf, endete bei Nr. 334 und
betraf auch etwa die gleiche Anzahl von Gebäuden / Grundstücken wie
vorher.
Es ergibt sich gegenüber der Zählung von Müller 1837 (ca. 275) [12] bis
etwa1860 (ca. 321) ein Wachstum der Gemeinde um reichlich 40 Gebäude
bzw. Grundstücke [18].
Mit dem Erlass der Sächsischen Landgemeindeordnung 1838 bekamen die
sächsischen Gemeinden das Selbstverwaltungsrecht.
In Loschwitz gab es dann nur noch eine, aus den vier Ortsteilen – Das
Dorf, → Oberloschwitz (Teile heute oft als Weißer Hirsch bezeichnet),
Schöne Aussicht (heute oft als Oberloschwitz bezeichnet) und dem
weitestgehend in Vergessenheit geratenen, an der heutigen Bautzner
Straße/Fischhäuser Revier gelegenen, Simmig`schen Ortsteil - bestehende
Gemeinde.
Literatur :
[1] Spehr, Reinhard, Boswank, Herbert, Dresden, Stadt im Dunkel
der Geschichte, Verlag D. J. M.,Dresden, 2000.
[2] Blaschke, Karl-heinz, John, Uwe (Hrsg), Geschichte der Stadt
Dresden, Bd. 1, Konrad Theiss Verlag., Stuttgart, 2005.
[3] Loschwitz -Illustrierte Ortsgeschichte, Verlag Friebel, Dresden,
2015(Sä.Hauptstaatsarchiv Dresden, Sig.10001, OU 2042).
[4] Magirius, Heinrich, Oelsner, Norbert, Pohlack, Rosemarie (Red.), Das
Dresdner Residenzschloß, Michael Imhof Verlag, 2013. Regententafel,
S.283.
[5] Hasche, Johann Christian, Diplomatische Geschichte Dresdens,
Bd. 6 (Urkundenband), Selbstverlag, Dresden, 1824.
[6] Siewert,Ulrike,s.auch [3], Institut für Sächsische Geschichte und
Volkskunde e.V, Dresden.
[7] Eichler E.,Walter, H. Hrsg., Hist. Ortsnamenbuch v. Sachsen,
Akademie Verlag Berlin, 2001.
[8] Sprenger, Bernd, Das Geld der Deutschen, Ferdinand Schöningh,
Paderborn u. a., 2002.
[9] Codex Diplomaticus Saxoniae (CDS),1864-1941, digitalisiert:
Institutf. Sä. Geschichte und Volkskunde e.V.
[10] Blaschke, Karlheinz, Hrsg., Historisches Ortsverzeichnis von
Sachsen, Leipziger Universitätsverlag GmbH, 2006, http://hov.isgv.de.
[11] Arnold, Johann, … Beschreibung … der neu erbauten Kirche zu
Loschwitz, 1710, Handschrift, Sä. Staats- u. Universitätsbibliothek
Dresden (SLUB).
[12] Carl Wilhelm Müller, Special - Commissar,
Gebäudeabschätzungsverzeichnis von Loschwitz, 1837, Sächsisches
Hauptstaatsarchiv Dresden, Amtshauptmannschaft Dresden, Vorortakten,
Teil 2, Sign. 10 754, Nr. 24 19.
[13] Friedrich August (II., König ), Die Landgemeindeordnung d.Kr.
Sachsen, A. F. Böhme, Leipzig, 1839.
[14] Pohle, Friedrich Wilhelm, Chronik von Loschwitz, Heft I bis VI,
Albanus´sche Buchdruckerei, Cr. Teich, 1883 – 1886.
[15] Künstler am Dresdner Elbhang I, Elbhang - Kurier - Verlag, Dresden,
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[16] Hirsch, Ernst, Griebel, Matthias, Herre, Volker, August Kotzsch,
Verlag der Kunst Dresden Basel, 1986/1991.
[17] Wehnert, Emil, eigene Familiengeschichte, Stadtarchiv Dresden,
Sign.17.2.6, Nr. S9.
[18] Wehnert, Emil, Hist. Häuserbuch für Loschwitz, Stadtarchiv, Dresden
1968/69, Sign.17.2.6, Nr. H8.
[19] Weck, Anton, Dresden Beschreib- und Vorstellung, Johann Hoffmann,
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[20] Blaschke, Karl-heinz, John, Uwe (Hrsg), Geschichte der Stadt
Dresden, Bd. 1, Konrad Theiss Verlag., Stuttgart, 2005.
[21] Stanislaw-Kemenah, Alexandra-K., Spitäler in Dresden, Leipziger
Universitätsverlag 2008.
[22] Thieme, Andre, Die Burggrafschaft Altenburg, Diss. TU Dresden,
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[23] Ältere Kreis- und Amtshauptmannschaften, Ämter, Sä. Staatsarchiv
Chemnitz,
[24] Amt Dresden, … Hufen, Familien und Mannschaften ..., 1700,
Sä. Hauptstaatsarchiv Dresden, Sig.10 047, Nr. 782.
[25] Ev. - Luth. Kirchg. Loschwitz, Parochialsachen, Kirchenarchiv,
Archiv I, Loc.III, Nr.1 u 2, 1706 u.1737
[26] Erbauung einer Ölmühle zu Loschwitz, 1835, Sä. Hauptstaatsarchiv
Dresden, Sig.10 047, Nr. 4550.
[27] Amt Dresden, Frohndienstwesen … Umwandlung … in Geldäquivalente,
1828, Sä. Hauptstaatsarchiv Dresden, Sig.10 047, Nr. 821.
[28] Köhne, Rolf, Die Albrechtsschlösser zu Dresden Loschwitz,
Hellerau-Verlag, Dresden 1992.
[29] Ehlich, Rainer, Müller, Claudia, Wenzel, Otto-R., Wachwitz, Elbhang
- Kurier – Verl., Dresden 2000.
[30] von Bünau, Heinrich, Mandat, ...,wegen Errichtung…Algemeine
Brand=Casse, Druck Joh. Conrad Stößel, Dresden, 1729.
[31] Chur-Fürstl. Durchl. Friedrich August (III.), Mandat wegen der
neuen Einrichtung … der erlittenen Brand-Schäden, Carl Christian
Meinhold, Dresden, 1784.
[32] Curt von der Mosel, Handbuch des Sächsischen Verwaltungsrechts ,
Roßberg`sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1926.
[33] von Zeschau, Finanzministerium, Generalverordnung vom 7. Januar
1835, Gesetz- und Verordnungsblatt f. das Königreich Sa., 1835.
[34] Reichert, Frank, Zur Geschichte der … Kennzeichnung von
Herrschaftsgrenzen …, Diplomarbeit, TU Dresden, 1999.
[35] Mörtzsch, Otto, Das Augustinerkloster in Dresden- Neustadt … 1541,
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[36] Münzner, Eberhardt, Weinberge in Loschwitz, Elbhang - Kurier,
Dresden, 2 / 2009.
[37] Schumann, August, Lexikon von Sachsen Bd. 6, Verl. Gebrüder
Schumann, Zwickau 1819.
[38] Theodor Heyne, … die Grund- und Hypothekenbücher, Verl. Bernh.
Tauchnitz jun., Leipzig, 1845.