Mahlzwangmühlen in Vorbereitung
(Originaltexte kursiv)

1. Anfänge





1. Die Anfänge – Kaiser Friedrich I. - Barbarossa

Als Regalien bezeichnete man im Mittelalter die Hoheitsrechte eines Königs, Souveräns bzw. Staates.
Später auch „Rechte“ bzw. „Gerechtsame“ genannt, die der Souverän mehr oder weniger willkürlich einführte, um sich Einnahmen zu sichern. Zu den Gerechtsamen gehörte z. B. auch die Fischerei- und Floßgerechtigkeit [264s30]
995 schenkte Kaiser Otto III ….[264s.3]

1158 wurde durch den römisch-deutschen Kaiser Friedrich I. (Barbarossa, um 1122 - 1190) für die oberitalienischen Städte neben anderen Regalien wie Wege-, Berg-, Boden- Wasser- u. v. a. auch ein „Mühlenregal“ schriftlich fixiert [265].

????   Auch im Sachsenspiegel [268]



Diese „Rechte“ breiteten sich im Laufe der Zeit so aus, dass sich auch andere Landesherren und Grundbesitzer solche anmaßten.

Bereits 1414 verfügte Friedrich der Streitbare (1370 - 1423), dass Kloster Nimbschen (bei Grimma) zwar eine Mühle bauen durfte, aber niemanden zwingen dürfte, dort zu mahlen, denn die Einwohner von Grimma mussten in ….
[264s12]


Heute sind Mühlen im allgemeinen Ansehen nicht mehr so hoch eingeordnet wie z. B. eine Brauerei oder Autofabrik. Sie werden in der Regel nur indirekt durch Backzutaten und Backwaren wahrgenommen.
In alten Zeiten aber hatten Wind- und Wassermühlen sowohl für die Ernährung als auch für technische Anwendungen als Antriebe eine große Bedeutung.
So ist z. B. eine Mühlenordnung des Stadtrates von Dresden aus dem Jahr 1434 bekannt [263].
Etwa 150 Jahre später erließ Kurfürst August („Vater August“ 1526 - 1586)  Mühlenordnung und führte die staatlichen Amtsmühlen ein. Seine Begründung war, die Versorgung der Bevölkerung mit dem Grundnahrungsmittel Mehl abzusichern.






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  Als Platzhalter

Das Armenhaus von Loschwitz wurde 1833 im Historischen Häuserbuch von Emil Wehnert [4] (Hausbaukonzession für die Gemeinde Loschwitz zum Bau eines Armenhauses) an der Steglichstraße 13 (früher Pferdeweg) genannt. 1839 wurde es auf diesem Flurstück in das Gebäudeabschätzungsverzeichnis von Loschwitz als Nachtrag mit der Brandkataster - Nr. 0 und der Flurstücksnummer 857 eingetragen [5]. Ab 1840 besaß Johann Gottfried Enderlein dieses Grundstück.
1840 stand bei Wehnert das Armenhaus der Gemeinde Loschwitz (Brandkataster- Nr`n. von 1784/1839/1860: 78/171/189) auf dem Grundstück an der Grundstraße 137 (heute „Schweizerhaus“, s. Bild 5), an der Ortsgrenze zu Bühlau (Ecke Säugrundweg / Neugersdorfer Straße; früher, Grenzweg).
Dort stand ein Gebäude mit nur zwei Stuben, welches seit 1826 dem Besitzer Johann Gottlieb Dohnig gehörte. Dieser verkaufte 1837 das Grundstück/Gebäude, Parzelle 551a, für 385 Taler an die Gemeinde Loschwitz [6], welche dort das Armenhaus einrichtete.
1864 wurde vom Gemeindevorstand Kegel an der Rückseite des Gebäudes ein Anbau von
einem Kohlenraum und Toiletten beim Gerichtsamt Dresden beantragt, damit die Armenhausbewohner nächtlich nicht den Aufseher bei ihren Bedürfnissen wecken brauchen und von innen dazu gelangen können [7].
Die dazugehörige Bleistiftzeichnung (Bild 1) wurde von C. Ehlich, Maurer Meister unterzeichnet. Im linken Teil ist noch das 1837 erwähnte Gebäude mit nur 2 Stuben erkennbar [5]. Nach der Personenbeschreibung von 1855 [11] (s. u.) müsste das hier gezeigte Gebäude 8 Stuben (4 unten, 4 oben) gehabt haben.
1876 wurde ein geschätzter Wert von 2700 Mark im Vermögensverzeichnis der Gemeinde für das Armenhaus eingetragen [8].
1890 dagegen hatte das Grundstück als Gemeindevermögen mit einer Größe von 3,9 ar (390 m²) nur noch einen Zeitwert von 1500 Mark.
Der ebenfalls der Gemeinde gehörende, daneben liegende Steinbruch, Parzelle 551b, hatte bei einer Größe von 21,4 ar (2140 m²) den Zeitwert von 2000 Mark [8]. Diese Parzellen sind 1897 verschmolzen und mit 551 neu bezeichnet worden.

Das Armenhaus 1864
Bild 1. Das Armenhaus 1864 [7]

Aus dem Zeitwert von 1500 Mark kann geschlossen werden, dass das Gebäude nicht gerade komfortabel gewesen war - Kaufpreis 1837 (s. o.) waren 385 Taler, das entsprach 1155 Mark.
Es wurde im Bauantrag für den Neubau des heutigen „Schweizerhauses“ (eines Armenversorghauses) vom 17. Mai 1892 durch Gemeindevorstand Weigert - als in höchst baufälligem Zustand und infolgedessen sich kaum noch zum Bewohnen eignet - beschrieben.
Im Bauantrag steht weiterhin, daß ein hiesiger Einwohner, welcher seinen Namen verschwiegen haben will, ein neues Armenhaus nach den beigehenden Plänen aus eigenen Mitteln zu errichten sich entschlossen hat. … Da der betreffende Wohltäter bedungen hat, daß das Gebäude noch in diesem Jahre fertigestellt werden soll, mithin der Beginn des Baues beschleunigt werden muß … . Für die Dauer der Bauperiode waren bereits andere Räume ermiethet worden.

Das ehemalige Armenhaus 2011, Grundstraße 137
Bild 2. Das ehemalige Armenhaus 2011, Grundstraße 137

Dieses Gebäude (Bild 2) wurde vom Architekten und Bauausführenden, F. Mehlig, bereits am 15. August rohbaufertig zur Abnahme und am 28. Dezember vom Gemeindevorstand Weigert als völlig vollendet an die Amtshauptmannschaft Dresden-Neustadt gemeldet [7]. Am  25.Dezember 1892 konnte also das schöne, heute noch bestehende, vom nun offenbarten Wohltäter Eduard Leonhardi (1828 - 1905), dem bekannten Maler, Tintenfabrikbesitzer und Kunstmäzen (Bild 3, [9]), gestiftete Gebäude, von der Gemeinde übernommen werden.

Der „unbekannte“ Wohltäter Eduard Leonhardi
Bild 3. Der „unbekannte“ Wohltäter

Das Bau = Revisions = Protokoll (3. Ingebrauchnahme ist zulässig) wurde am 14. Januar 1893 von Richter, Brandvers .= Inspector = Assistent unterzeichnet.
Im Vergleich zum Preis der über die Landesversicherungsanstalt des Königreiches Sachsen kreditfinanzierten neuen Kinderbewahranstalt (s. Abschnitt V.4.) von 1901 in der Grundstraße 36 (ca. 45 000 M ) hat dieses Haus bestimmt etwa die gleiche Summe gekostet. Die Kosten konnten bisher nicht gefunden werden; vielleicht wurde das vom Wohltäter nicht gewünscht.
Das Haus hat Keller, Erd-, Ober- und Dachgeschoß. Außer im Keller befanden sich in allen Geschossen Wohnräume, insgesamt acht Stuben und 14 Kammern.
Im Grundriss des (Bild 4) Erdgeschosses sind die Wohnung der Aufsichtsperson mit Fenster zum Hausflur, die Gemeinschaftsküche mit acht Kochherden, die Waschküche und die Aborte für Männer und Frauen sowie fünf Wohnräume zu erkennen.

Grundriss des Erdgeschosses
Bild 4. Grundriss des Erdgeschosses

Im Obergeschoß (Bild 5) mit dem schönen rundum laufenden Balkon sind vier Stuben und sechs Kammern sowie Aborte angeordnet. Stube und Kammer unterscheiden sich nicht durch ihre Größe, sondern durch das Vorhandensein eines Ofens in der Stube.

Grundriss des Obergeschosses
Bild 5. Grundriss des Obergeschosses

1936 wurde „Eigentum der Stadt Dresden“, 1951 „Eigentum des Volkes“ und 1953 der Rat der Stadt Dresden in das Grundbuch (Rechtsträger Kommunale Wohnungsverwaltung) eingetragen.
Bis August 2013 war das Haus Eigentum der Stadt Dresden (Liegenschaftsamt) und wurde von der STESAD GmbH als Wohnhaus verwaltet. Danach wurde das Haus verkauft und ging für eine geplante Mehrfachnutzung als Dentallabor der Zahntechnik Dresden GbR und Wohnungen in Privateigentum über.

3. Die Personen
Loschwitz war durch den Erlass der Landgemeindeordnung für das Königreich Sachsen (Gesetz vom 7. November 1838 [10]) eine selbständige Landgemeinde geworden. Die einzelnen Ortsteile unterstanden nun nicht mehr verschiedenen Ämtern des Stadtrates von Dresden und des Königshofes, sondern der Königl. Amtshauptmannschaft Dresden.
Unter § 8, I Punkt 10 der Landgemeindeordnung wurde die Fürsorge für Unterbringung der Wahn- und Bloedsinnigen, Hilflosen, Kranken und Armen, der Gemeinde auferlegt. Das führte offensichtlich in Loschwitz 1840 nach Inkrafttreten der Ordnung am 1. Mai 1839 zur Einrichtung des o. g. Armenhauses.
Die folgenden Quellen berichten über das Leben im Loschwitzer Armenhaus in den Jahren 1855 und 1856.
Der Gemeindevorstand Kegel informierte den Gerichtsrath Vater vom Königl. Landgericht, Abt. IV, über das Armenhaus zu Loschwitz, dessen Bewohner, deren Situation und Verhalten (die Familiennamen … können im Original eingesehen werden) [11]:
Eingang 7. Nov. 1855
Das Gemeindearmenhaus wird von folgenden Personen bewohnt, als:
1. a) Johann Gottlieb L..., 66 Jahre alt
b) Johanne Sophie L..., 68 Jahre alt, als Geschwister beide an Geisteskräften schwach, und nach allgemeinem Ausdruck dumm, für dieselben wird von dem Hausbesitzer August Lehmann, allwo dieselben ihre Herberge haben ein Miethzins von jährlig 2 rs (Taler) bezahlt.
2. a) Frau Johanne Christiane verw. N…, ist gebrechlich und überhaupt von Körper schwach, erhält aus der Armenkasse Unterstützung an Geld und Brod ,und ist 56 Jahre alt
b) Jungfer Johanne Christine N…, taubstummes Mädchen ohngefähr 30 Jahre alt, nährt sich von Scheuern und Waschen bei fremden Leuten …



3. a) Johann Gottfried P…, Wittwer und Handarbeiter mit fünf in diesem Hause wohnenden Kindern, deren Alter 5, 6, 9, 11 und 19 Jahre, …welcher auf dem Kammergut Döhlen als Wächter fungiert, ….kommt selten nach Hause, und überlässt die Erziehung seiner kleinen Kinder der älteren Tochter, und da derselbe bei seinem Dienst frei Logis hat, so wäre es wünschenswerth, daß der Vater seine Familie bei sich habe, wozu derselbe nochmals von mir ermahnt worden, aber stets fruchtlos geblieben ist. P… ist noch rüstig und ungefähr 51 Jahre alt, derselbe aber ist nicht zu bewegen gewesen, einen wenigen Miethzins zu bezahlen.
4. a) Karl Gottlob G…, Handarbeiter unverehelicht und 44 Jahre alt, ist träge zur Arbeit und geht oftmals betteln, weshalb derselbe auch vom Königl. Landgericht schon bestraft worden und auch gleichzeitig wegen Holzdiebstahls seine Strafen verbüßt hat.
b) Karl August L…, Wittwer und Handarbeiter, arbeitet zwar jetzt seit einiger Zeit ist aber mehr dem lüderlichen Lebenswandel ergeben, daher derselbe wegen Diebstählen, welche von ihm verübt worden sind, an Kleidungsstückn, Mobilien, Holz und dergleichen, bestraft wurde, auch derselbe schon einmal Arbeitshaus verbüßt hat, derselbe steht in dem Alter von 38  Jahren und ist gesund und kräftig.
c) Karl Gottlieb Sch…, Wittwer und Handarbeiter und dem Trunk etwas ergeben, steht indem Alter von 56 Jahren, ist bloß zur leichten Arbeit, höchstens wenn demselben die Noth dazu erfordert zu gebrauchen und wird das von ihm verdiente Geld oft durch geistige und spirotese Getränke verthan,
daher auch sämtliche drei Individuen mit schlechter Kleidung versehen sind, weil sie keinen Pfennig hegen und sich nur in der Regel auf den Wohltätigkeitssinn anderer Menschen verlassen, vielweniger ist von denselben ein Miethzins zu erlangen, und sollen sie denselben in der Gemeinde abarbeiten, so erscheinen sie gar nicht, wie dies hauptsächlich bei G… und Sch… der Fall ist
5. a) Karl Gottfried Schr…, Handarbeiter und 37 Jahre alt, ist verehelicht und hat vier Kinder, von denen eins 3, 6, 9 und 15 Jahre alt ist, dessen Ehefrau nährt sich von Hader- und Knochensammeln u.s.w., deren genannter Eheman arbeitet nur theilweise und ist derselbe einige Zeit in der Gemeinde auf Arbeit gewesen, wo ihm während der Dauer derselben eine Wenigkeit des Lohnes für Miethzins abgezogen, sonst ist von demselben auf eine andere Art und Weise nichts zu erlangen.
6. a) Carl Gottlieb N…, 32 Jahre alt und Handarbeiter ist verheirathet und hat noch zwei Kinder im Alter von 4 und 8 Jahren, ist gesund und rüstig und arbeitet größtentheils in Dresden, derselbe hat seit einiger Zeit fast durch Zwang eine Wenigkeit an Miethzins bezahlt, welches ihm gleich vom Lohn weggenommen worden ist.
b) Hermann G…, Handarbeiter 35 Jahre alt, und unverheiratet, ist als lüderlich zu bezeichnen. Da derselbe auf Arbeit geht und Lohn verdient, aber denselben nur vergeudet, da derselbe mit Kleidung und Lagerstätte schlecht versehen, und an einen Miethzins zu bezahlen bei demselben nicht denkbar ist als durch strenge Mittel, und ist derselbe auch nicht zu bewegen wozu ich denselben mehrmals aufgefordert habe.
7. Heinrich H…, Handarbeiter und 30 Jahre alt, ist verheiratet und hat zwei Kinder in dem Alter von 5 und 7 Jahren; derselbe arbeitet größtentheils in Dresden, kommt gewöhnlich Sonnabend als Lohntag betrunken nach Hause, wo oft der größte Theil des Lohns schon weg ist, und wenn ich denselben auffordere, allwöchentlich eine Wenigkeit für Miethzins abzuzahlen, so wird mir einfach geantwortet, die Zeiten seien schlecht …
8. Heinrich Christian K…,59 Jahre alt und Handarbeiter, ist gesund und zum Arbeiten fähig, ist aber träge zur Arbeit, daher derselbe sich auch nicht um Arbeit kümmert und eher lieber fechten geht, wenn ich denselben zur Arbeit bestellt habe, kommt er nicht,weil er weis, es wird ihm vom Lohn Abzug gemacht. Derselbe ist zwar unverheirathet, lebt aber in wilder Ehe mit Johanne Auguste B…, 40 Jahre alt und hat vier uneheliche Kinder, deren Alter ½, 4, 9 und 13 Jahre zählen, genannter K… welchen ich mit Kinderwarten bei der B…n angetroffen, habe ich in eine andere Stube verwiesen, wird aber von demselben nicht Folge geleistet, weshalb ich das geehrte Gericht bitte, denselben zu belangen, und wegen seines Ungehorsams zu verweisen.
Dieser Bericht wurde am 3. Dez 1855 an die Königl. Amtshauptmannschaft Dresden geschickt. Im Begleitschreiben dazu bemerkt der Gerichtsrath Vater u.a.., daß außer der Mitgliedschaft in 12 Königl. Commissionen, die Verwaltung von 86 Gemeinden mit 5 Pfarreien … auf zwei Schultern gelegt worden sind. … Demnächst sind wir darauf bedacht, dem Bedürfnis der Armen abzuhelfen, ohne diese ins Armenhaus aufzunehmen und lassen denen, welchen Geld nicht anzuvertrauen ist, das Nöthige in Natura verabreichen. … Oeffentliche Arbeiten giebt es weniger, und diese werden stets mindesten versuchsweise benutzt die Arbeitsscheuen zu beschäftigen. Leider fehlt es an Ort und Stelle an der gewünschten Energie; die Furcht vor Feuerlegen (Brandstiftung) hemmt das kräftige Durchgreifen. … gehen wir zu den Bewohnern des Armenhauses Loschwitz über … und fügen die Versicherung hinzu, dass alle als Obdachlose Aufnahme gefunden haben, mithin nicht ausgewiesen werden können, und von Niemandem aufgenommen werden.

Bereits 1856 wurde auf Veranlassung Ihro Majestät der Königin Maria (Maria Anna Leopoldine von Bayern, 1805 – 1877, Königin von 1854 bis 1873), sowie auf deren Kosten eine Diakonissin nach Loschwitz abgeordnet um die Armenhausbewohner zu überwachen und die Kranken zu pflegen, nicht minder die armen Kranken im Dorfe. Königin Maria hat sich außer dem Vorgenannten in Loschwitz auch noch für die Schule und die Kleinkinderbewahranstalt engagiert.

4. Die Armenhausordnung
Im Zusammenhang mit der Entsendung einer Diakonissin verlangte die Königl. Amtshauptmannschaft Dresden die Aufstellung einer Armenhausordnung und einer Instruktion für den Gemeinderat.
Aus der Armenhausordnung für Loschwitz, die 19 Punkte enthielt, sollen einige Beispiele genannt werden:
1. Die Aufsicht über das Armenhaus und die Durchführung der Armenhausordnung ist dem Gemeinderathe unter Beistand einer Diakonissin übertragen, welche sich zugleich ihrer Krankenpflege unterziehen wird. Diese Unterstützung haben die Armenhausbewohner der allergnädigsten Fürsorge Ihrer Majestät der Königin Maria zu verdanken. ... Nichtbeachtung dieser Armenhausordnung, den Anordnungen des Gemeinderathes und der Diakonissin sowie unehrbietiges Reden oder Benehmen gegen diese Vorgesetzten wird unnachsichtig mit Arrest nach Befinden bei Wasser und Brod sowie das Umhertreiben außerhalb des Armenhauses nach dessen Schließzeit mit körperlicher Züchtigung bestraft.
2. Jeder Armenhausbewohner, welcher sich noch in dem dienstfähigen Zustande befindet ist verpflichtet, sich seinen Lebensunterhalt durch seiner Hände Arbeit zu erwerben und ist man ihm, wenn der Verdienst ausreicht, ein billig mäßiger Zins für das ihm gewährte Unterkommen zu entrichten, welcher man Gemeinderathe nach befinden des Landgericht festgesetzt wird.
3. Kann er durch eigene Bemühungen keinen Erwerb finden, so wird er auf Rechnung der Armencasse beschäftigt, oder ihm Arbeit verschafft. Er hat sich dabei ohne Widerspruch jeder Arbeit zu unterziehen …
4. Jeder Inwohner welcher seinem körperlichen Zustande nach dazu fähig ist, hat das ihm zugewiesene Quartier gehörig zu lüften und in reinlichem und gesundheitszuträglichem Zustande, … , zu erhalten …
5. Jeder hat gleichermaßen sich und beziehentlich seine Kinder an Körper und in der Kleidung rein und ordentlich zu erhalten.
6. Die Kinder sind … in die Schule zu schicken, vom Betteln abzuhalten und namentlich dazu nicht auszuschicken. … Junge dienstfähige Personen werden im Armenhause schlechterdings nicht geduldet, sondern weggewiesen und nach Befinden der Obrigkeit angezeigt …
7. Keinem ist die Aufnahme anderer nicht in das Haus gehörigen Personen gestattet.
8. Das Zusammenkommen der Armenhausbewohner unter sich in der Stube des Einen oder des Anderen ist nur mit Kenntnissen und jedes Mal einzuhaltender Genehmigung des Gemeinderaths oder der Diakonissin gestattet.
11. Der Genuß geistiger Getränke ist dem Armenhausbewohner sowohl in als auch außerhalb des Hauses streng untersagt und nur solchen Personen welche vermöge körperlicher Anstrengung bei ihrer Tätigkeit dessen bedürfen, ist es gestattet, sich deren mit Mäßigkeit während ihrer Arbeit zu bedienen.
12. Das Besuchen der Schänke ihrerseits ist ebenso ...
13. Das Spielen daselbst und im Armenhause verboten.
14. Tabak zu rauchen ist nur denen gestattet, welche sich über den von ihnen gewährten Miethzins ihren Bedarf zu verdienen im Stande sind.
15. …Inventar … hat jeder anwendungsgemäß zu gebrauchen …
16. etwaiges Versetzen oder Verkaufen desselben unterliegen der Bestrafung nach criminalrechtlichen Grundsätzen
17. Das Armenhaus ist in Winterszeiten um 9. Uhr, in Sommerszeiten um 10. Uhr  zu schließen, und muß jeder Bewohner um diese Zeit im Haus eingetroffen sein. Zu längerem notwendigen Außenbleiben … ist die Erlaubniß des Gemeindevorstandes einzuholen.
19. Etwaige Beschwerden … sind beim Landgericht anzubringen.

Als Instruktion erhielt der Gemeindevorstand Kegel am 11. Juli 1856 nachstehende Anweisung, woraus ebenfalls einige Passagen zitiert werden sollen, um einen Eindruck vom Umgang der Obrigkeit mit der Landgemeinde Loschwitz zu vermitteln:
Die beiliegende Armenhausordnung haben Sie den Bewohnern des Armenhauses durch Vorlesen bekannt zu machen, und dann im innern des Armenhauses auszulegen, damit sie jeder einsehen kann, wozu alle von Ihnen aufzufordern sind. Sie haben dies im Beisein eines Mitgliedes des Gemeinderathes auszuführen, darüber ein Protokoll niederzuschreiben, und dasselbe alle Armenhausbewohner, welche beim Vorlesen gegenwärtig sein werden, namentlich aufzuführen, auch eine Abschrift dieses Protokolls an uns unverzüglich einzureichen. … Jede Zuwiderhandlung ist ernstlich zu rügen und auf die strengste Befolgung derselben zu dringen. Außer der Krankenpflege wird die Diakonissin die Befolgung der Armenhausordnung überwachen. Wird deren Erinnerungen Beachtung nicht geschenkt, so haben Sie oder das diensttuende Gemeinderathsmitglied auf Verlangen sofort einzuschreiten, die Unordnung beseitigen zu lassen, und ernstlich dahin zu wirken, daß den Aufforderungen der Diakonissin … sofort und unbedingt entsprochen werde. Da es Ihre Aufgabe ist … die Autorität der Diakonissin zu begründen und zu erhalten, so haben Sie Ihre etwa abweichende Ansicht nie in Gegenwart der Armenhausbewohner auszusprechen, … ,damit zwischen Ihnen und der Diakonissin Meinungsverschiedenheit, den Armenhausbewohnern gegenüber nie hervortritt. In ähnlicher Weise haben Sie sich zu verhalten, wenn Ihr Beistand von der Diakonissin bei einem kranken Amtsarmen in Anspruch genommen wird.

5. Die Finanzierung
Die Finanzierung des Armenhauses erfolgte aus der Armenkasse der Gemeinde, durch Stiftungsgelder und Spenden. In die Armenkasse wurden u. a. festgelegte Anteile der Kosten von kirchlichen Handlungen, von Besitzveränderungen, öffentlichen Belustigungen und Schaustellungen, Jagt- und Angelkarten, Schenkungen und Vermächtnissen eingezahlt. Fehlbeträge wurden, wie auch für alle anderen Kassen, durch jährliche Festlegungen der Steuern (Regulativ über die Aufbringung der Gemeinde-, Parochial-, Schul- und Armen- Anlagen), 50% vom Grundbesitz und 50% vom Einkommen, ausgeglichen.
In den 1880er Jahren lagen die jährlichen, systematischen Einnahmen der Armenkasse in Loschwitz bei etwa 5000,- Mark und die Ausgaben bei etwa 10 000 Mark, so dass ein Fehlbetrag von 5000 Mark jedes Jahr ausgeglichen werden musste. Als Beispiel sind 1885 ausgegebene Mittel im Folgenden aufgelistet: 2000 M für Almosen, 300 M Unterstützung an Brot, 400 M an anderen Lebensmitteln, 150 M an Kleidung, Betten und Wäsche, 100 M an Heizungsmaterial, 72 M Wohnungsgeld, 250 M Ziehgeld (Alimente), 500 M Schulgeld, 800 M Kur- und Begräbniskosten, 2000 M für Pfleg- und Zöglinge in Heil- und Versorgungsanstalten, 28 M Insgemein. Summa 6800 M.

6. Informationen aus Adressbüchern
Aus Adressbüchern zur Landgemeinde Loschwitz (seit 1883) konnten weitere interessante Informationen entnommen werden [12].
1899 … 1903: In der o. g. Wohnung im Erdgeschoß wohnte als Armenhausverwalter der Schutzmann, Louis Meiselbach; 1906 … 1930 der Schutzmann, später Polizei Ob. – Wachtmeister und Wohlfahrts – Polizei – Kommissar i. R., Ernst Lässig, dessen Witwe Selma auch 1943/44 noch im Dresdner Adressbuch aufgeführt ist.
Seit 1903 bis 1921 befand sich im Erdgeschoß auch eine Freibank (Verkauf minderwertigen, aber nicht gesundheitsschädlichen Fleisches).
Zusätzlich wurde das Haus noch als Gerätelager für den Straßenbau der Gemeinde genutzt.
Nach der Eingemeindung von Loschwitz nach Dresden - am 1. April 1921 - wurde die Nutzung zu Wohlfahrtszwecken letztmalig im Adressbuch 1924/25 als „Armenversorghaus“ bekundet.
Heute wird das Gebäude als Wohnhaus und seit 2013 zusätzlich als Dentallabor der Zahntechnik Dresden GbR genutzt.

7. Das Nachbarhaus

Grundstraße 135. Rechts im Schatten das Armenhaus
Bild 6. Grundstraße 135. Rechts im Schatten das Armenhaus  [13]

1897 kaufte die Gemeinde Loschwitz von Julius Robert Fehre für 14 000 Mark auch noch das Nachbarhaus  (Brandkataster- Nr 188, Grundstraße 135; 1988 abgerissen), wo damals der Straßenwärter Schneider, der Laternenwärter Decker und der Gartenarbeiter Jentsch, sicher alles Angestellte der Gemeinde, wohnten [12].

Literatur